Mag. Christa Hassfurther

Künstlerische Leiterin 2008 - 2009

Gründungsstory Kultur.Werkstatt Oberalm

Oktober 2007:

Bürgermeister Dr. Gerald Dürnberger lädt mich zu einem Gespräch in seine Amtskanzlei ein und fällt gleich mit der Tür ins Haus: „Frau Hassfurther, machen Sie Kultur in Oberalm. Sie wurden mir empfohlen. Wieviel Geld brauchen Sie?“  Ich war völlig überrascht, um nicht zu sagen sprachlos. Ich hatte ja mein Theater in Hallein, das meine ungeteilte Aufmerksamkeit verlangte. Schließlich war ich gute zehn Jahre davor in Frühpension gegangen, um mich ganz dieser künstlerischen Arbeit widmen zu können. Und doch, als Bürgerin Oberalms sah ich mich veranlasst, mein Wissen, meine Kompetenzen, mein künstlerisches Netzwerk den Menschen in der Gemeinde zur Verfügung zu stellen. Daher sagte ich zu. Dr. Dürnberger war zufrieden und fügte noch hinzu: „Bitte übernehmen Sie auch die Leitung des örtlichen Bildungswerks.“ Die nächste Überraschung. Schließlich willigte ich auch da unter der Bedingung ein, dass die Veranstaltungen des SBW in Zukunft eine kulturelle Ausrichtung haben sollten. Auch das war möglich.

Aber wie sollte das Konzept ausschauen, das speziell auf Oberalm zugeschnitten ist? Hallein mit seinem reichen Programm des Kulturforums ist nur zwei Kilometer entfernt. Wie lässt sich da ein eigenständiges Profil entwickeln? Dann: Kulturmanagement als Veranstalterin war für mich etwas völlig Neues. Sofort begann ich mich in die gängige Fachliteratur einzulesen, wie in die Werke von Armin Klein, dem ich persönlich im Rahmen der Goldegger Herbstgespräche (6. & 7. Dezember 2007) zum Thema Publikumsbindung begegnete und der mir viele gute Tipps gab.

 

2008:

Im Jänner startete die erste Reihe: MUSIKALISCHER FÜNFUHRTEE. Vorgabe für die KünstlerInnen war, dass sie erzählten, welchen Zugang sie zur Musik, die sie spielten,  haben. Die Zuhörenden sollten bei Tee und Snacks einen gemütlichen Wochenausklang erleben. Meine Helferinnen Brigitte Scharler, Erika Ernstbrunner und Karoline Schöpp sorgten für das kulinarische Wohl.

Mit der Unterstützung von Univ. Prof. Karl Müller konnten wir Käthe Recheis einladen. An diesem Abend begrüßten wir auch prominente Gäste aus Salzburg.

Ziel meiner Arbeit in dieser Anfangsphase war es, die Bedürfnisse der Menschen vor Ort zu ergründen, zu erfahren, was sie sich von einer gelingenden Kulturarbeit erwarteten. Ich wollte auch wissen, welche KünstlerInnen vor Ort waren. Ich wollte die kreativen Kräfte bündeln und gemeinsam Kulturarbeit leisten. Deshalb luden wir zu einer Befragung ein, die wir „Kulturwerkstatt“ nannten. Damit war der Name eingeführt. Später wurde daraus der Name des Vereins. Zu den beiden Terminen dieser Kulturwerkstatt hatte ich die Kommunikationsberaterin Elfy Walch eingeladen, die in Form eines „World-Café“ die Ist-Situation erhob und Wünsche und Utopien der TeilnehmerInnen abfragte.

Ab diesem Zeitpunkt brachten sich Robert und Hannes Bernhofer sowie Bernhard Fritzl als Künstlergruppe HOKEBI aktiv und engagiert in die Aufbauarbeit ein.

Um der Kulturarbeit in Oberalm einen rechtlichen Rahmen zu geben, schlug ich Dr. Dürnberger vor, einen Kulturverein zu gründen. Damit sollte auch das Ansuchen um Subventionen bei Land und Bund ermöglicht werden.

Die formale Gründung des Vereins fand mit der konstituierenden Generalversammlung am 18. November 2008 im Gasthof Angerer statt. Die Mitglieder des ersten Vorstands waren: Dietmar Haslauer (Obmann), Armin Keuschnigg (Obmann Stellvertreter), Leopold Ernstbrunner (Kassier) und Renate Pilz (Schriftführerin). Mir als Initiatorin des Vereins wurde die Geschäftsführung und die künstlerische Leitung des Vereins übertragen. Ich sollte freie Hand haben. So leitete ich den Verein von 2008 bis zu meinem Ausscheiden Ende 2009. Jetzt bin ich gerne einfaches Mitglied.

Zu Beginn meiner Arbeit bat ich meine langjährige Grafikerin Regine Otrel und meine PR-Referentin Franziska Lipp um Unterstützung, was beide gerne taten.

Regine Otrel entwarf das Logo, gestaltete eine Vorlage für Plakate und Flyer, um die Corporate Identity zu entwickeln und die einzelnen Veranstaltungslinien sichtbar zu machen. Franziska Lipp schrieb nicht nur die Texte, sondern entwarf mit mir gemeinsam die ersten Konzepte. Wir waren sehr experimentierfreudig.

Die in der konstituierenden Generalversammlung formulierten Kernziele des Vereins lauteten:

  • Vernetzung örtlicher Kulturtreibender und Kulturinitiativen
  • Vernetzung regionaler Kulturinitiativen mit überregionalen
  • Erstellung soziokulturelle Konzepte und ihre Durchführung
  • Konzipierung und Durchführung künstlerischer Veranstaltungen.

Nach der Orientierungsphase starteten wir im August 2008 mit unserem ersten Sommerprojekt. Wir eröffneten den „Kunstpark siegLINDE“, ein Community Arts Projekt in einem kleinen Waldstück vor der Autobahn in der Madlgasse. Dieses gemeindeeigene Grundstück sollte es möglich machen, dass rund um die alte Linde Orte des Verweilens und Gestaltens entstanden. Der Anfang war vielversprechend. Immer wieder unterstützen uns Mitglieder der Oberalmer Trachtenmusik.

In der zweiten Jahreshälfte starteten wir mit der Reihe der BABYKONZERTE. Das erste Konzert bestritten wir mit der Konzertgitarristin Yvonne Zehner. Babies und Kleinkinder sollten Musik auf höchstem Niveau live erleben können. Weitere Konzerte mit Sophie Hassfurther, Saila Pusa und Oliver Kraft – alles hochkarätige MusikerInnen – folgten.

Den Abschluss des ersten Jahres bildete ein LICHTERFEST im Advent auf dem Vorplatz der Gemeinde. Bewusst wurde auf christliche Symbolik verzichtet, um alle – auch kirchenferne – Menschen aus der Region einzuladen. Ein Lichterbaum, Feuerakrobaten, Musik und Kinderprogramm waren die Highlights. Arrangiert wurde das Fest von der Künstlergruppe HOKEBI.

 

2009:

In der ersten Jännerwoche 2009 rief mich Armin Keuschnigg an, er sei zur Zeit in Wien bei Matthias Schorn und sie hätten gerade die Idee gehabt, die jährlich stattfindenden Workshops vor Ostern für BlasmusikerInnen zu einem groß angelegten Festival für zeitgenössische Musik mit internationalen KünstlerInnen auszuweiten. Ich war sofort angetan, meinte, ein Jahr Vorbereitung sei für so ein großes Festival gut und sagte meine Mithilfe sofort zu. Das Festival sollte aber noch im April 2009 stattfinden! Mir stockte der Atem. Wie sollte ich mein bereits fertig gestelltes Jahresprogramm parallel zur Organisation des neuen Festivals durchführen? Zudem ging Matthias Schorn im Februar mit den Philharmonikern auf Welttournee. Außerdem hatte ich dem Pfarrer von Oberalm bereits zugesagt, dass sich die Kultur.Werkstatt im Oktober an der Aktion „Offener Himmel“ im Tennengau beteiligen würde. Dafür gab es bereits ein fertiges Konzept, das auch Geld kosten würde. Zu guter Letzt war da auch mein Theater bodi end sole! Ich wagte dennoch den Schritt und blieb meiner Zusage treu.

Jetzt hieß es, sich um zusätzliche Subventionen zu kümmern. Der erste Weg führte zum Land Salzburg, von dem wir sofort eine Förderung erhielten. Dann fuhr ich nach Wien und suchte die Leiterin der Abteilung für Kunst, Dr. Kallista, auf und stellte ihr in einem persönlichen Gespräch die beiden großen Projekte des Jahres vor: Palmklang und House of Doors. Sie hörte mir aufmerksam zu, stellte dann fest, dass es ungewöhnlich sei, einen Verein bereits in seinem ersten Jahr des Bestehens von Seiten des Bundes zu fördern. Dann lächelte sie und meinte, da sie mich als langjährige Kulturarbeiterin kenne, sei sie jedoch bereit, unseren Antrag mit ihrem Team zu besprechen. Wir erhielten die Gesamtförderung für House of Doors (s.u. „Offener Himmel).

Mit dieser finanziellen Sicherheit in der Tasche konnten wir loslegen. Es folgten Wochen intensiver Vorbereitungsarbeit in einem Umfang zwischen 60-70 Wochenstunden. Armin Keuschnigg organisierte vor Ort, ich beackerte das weite Feld des Kulturmanagements, war mit Matthias Schorn  via Mail in ständigem Austausch und koordinierte das gesamte Festival.

Am 1. April 2009 haben wir PALMKLANG aus der Taufe gehoben. Es war ein beglückendes und intensives Fest mit einem anspruchsvollen Programm. Alle, die gekommen waren – und es waren sehr viele – nahmen mit großer Freude das Geschenk der Musik entgegen.

Die Kultur.Werkstatt trug zu weiteren Programmpunkten bei: Bildende KünstlerInnen aus der Region stellten ihre Werke aus, aber auch KünstlerInnen, die ursprünglich aus der Region stammen und bereits internationale Anerkennung erlangt hatten, waren vertreten.

Noch im Juni starteten wir programmgemäß den nächsten Schwerpunkt: MITTSOMMERORGEL. Die neue Orgel sollte ab diesem Jahr rund um Pfingsten im Mittelpunkt von Konzerten stehen. Das Programm ging durch die Zeiten, die Partner der Orgel waren Chor, Orchester, Marimbaphon ebenso wie die Originalinstrumente aus der Barockzeit. Organist Gottfried Fallenegger kuratierte das Programm.

Im Herbst folgten dann noch weitere Kirchenkonzerte.

Im August ging es mit dem Kunstpark weiter. Eine Reihe von OberalmerInnen beteiligten sich an den Aktionen und besuchten die spätsommerlichen Performances.

Im Oktober setzten wir den nächsten Schwerpunkt mit der Reihe LESECAFÉ: Dem Gemeindezentrum gegenüber hatte das neue Lokal „Art-Café“ eröffnet. Dort sollten in Zukunft Lesungen bekannter Persönlichkeiten stattfinden. In Zusammenarbeit mit der Galerie Seywald war es möglich, dass sich der Autor für den jeweiligen Abend ein Bild aussuchen konnte, das als Sujet seines Flyers diente und am Abend selbst vor Ort ausgestellt wurde. Markus Gauss war unser erster Gast, Klemens Renoldner unser zweiter. Dazwischen noch eine Gedenkausstellung anlässlich des 10. Todestages von Herbert Breiter.

Höhepunkt der Veranstaltungen im Herbst war das Programm rund um die Aktion „Offener Himmel“. Der Oberalmer Pfarrer Gidi Außerhofer war noch Ende 2008 mit der Bitte an uns herangetreten, etwas Künstlerisches zu entwickeln. Ich wandte mich an den Konzeptkünstler Hans Stockinger und wir einigten uns auf die Grundidee von offenen und verschlossenen Türen. Das Ergebnis war das HOUSE OF DOORS. Zur Eröffnung spielten MusikerInnen der TMK Oberalm rhythmisch mit den Türen, bis sie das Haus zu seiner Entfaltung brachten. Marion Hackl choreografierte die Aktion. Dann waren die BesucherInnen eingeladen, einer Walk-Choreografie zu folgen, die durch die Madlgasse zum Kunstpark führte. Gesäumt war der Weg von Holzstelen aus Schwartlingen, die Kinder der Volksschule unter der Leitung von Robert Bernhofer und Bernhard Fritzl bemalt hatten. Ziel war eine Jakobsleiter, errichtet von Bernhard Fritzl. Ausgespannt zwischen Bäumen ragte sie in den Himmel und leuchtete, sobald es Abend wurde.

Zum Abschluss des „Offenen Himmels“ veranstalteten wir eine Licht und Rauminstallation, die von Musik (Orgel: Gottfried Fallenegger) und Texten (Lesung: Christa Hassfurther) begleitet war.

Christa Hassfurther
August 2022